Freitag, 2. September 2016

El Condor Pasa

                             
Über den 4900 Meter hohen Pass Abra Patapampa mit fantastischer Aussicht auf sechs Vulkane erreichen wir den Colca Cañyon. Nach zwanzig Kilometer Rumpelpiste durch den unglaublich schönen Cañyon erreichen wir unseren Übernachtungsplatz auf 3700 Meter, dort wo am nächsten Morgen, wenn die Sonnenstrahlen im 1200 Meter tiefen Cañyon die Winde nach oben treibt, damit die Kondore aufsteigen können. Der Kondor zählt mit bis zu 3 Meter Spannweite zu den größten Greifvögeln der Welt.
Mit den ersten Sonnenstrahlen sind wir aus den Federn. Der Himmel ist blau und wolkenlos, aber auch noch kondorlos. Weil es noch kalt ist, frühstücken wir im Auto und als wir nach dem Frühstück aus dem Auto kommen, trauen wir unseren Augen nicht. Eben waren wir noch mutterseelenallein und jetzt sind hunderte von Touristen da, die auch die Kondore sehen wollen. Alle sind sie bewaffnet mit den Selfistangen für ein Foto -Ich mit dem Kondor-.  Dutzende von Indios in ihrer bunten Sonntagstracht haben ihre farbenprächtigen Verkaufsstände aufgebaut und hoffen auf ein gutes Geschäft mit den Touristen. Ein Schauspiel, dass sich täglich wiederholt.
Wir gesellen uns auf die Aussichtsplattform zu den anderen Touristen, blicken in die tiefe Schlucht und warten auf die Kondore. Das Ohh, Ahh, Schau, da fliegt ein Kondor, hören wir rings um uns in allen Sprachen der Welt. Der erste Riesenvogel schwebt langsam an uns vorbei und mustert sein Publikum sehr eindringlich, so als ob er die Zuschauer zählt. Es scheint, als ob das Publikum groß genug ist, denn als er seine Erkundungsrunde beendet hat, stößt er einen gellenden Schrei aus und kurz darauf steigen auch seine Kollegen in die Lüfte und zeigen ihre Flugkünste. Zeitweise kreisen 8 bis 10 Vögel gleichzeitig am Himmel. Immer wieder kommen einzelne herunter und zeigen uns wie sie die Winde in der Schlucht beherrschen. Inzwischen haben wir völlig vergessen, dass wir mit hunderten von anderen Kondorbegeisterten am Rand der Schlucht stehen, so sehr ziehen uns die riesigen Kondore mit ihrer Flugkunst in den Bann. Nach zwei Stunden ist das Schauspiel vorbei und 10 Minuten später sind die Touristen wieder verschwunden, die Indios schnüren ihre Mützen und bunten Tücher wieder als Stoffballen zusammen und wir sind wieder mutterseelenallein in diesem wunderschönen Cañyon.
Auf dem Rückweg rasen wir mit 120km/Std durch ein weites, 4500 Meter hohes Tal und fühlen uns selbst wie Kondore.
Eines unserer schönsten Erlebnisse in Peru.

































Dienstag, 30. August 2016

In Cusco hat mich der Inca flach gelegt.


Das Blödeste, was einem passieren kann auf reisen, ist krank zu werden. Trotzdem passiert es. Irgendwann fordert der Inca seinen Tribut. Das rumoren im Unterbauch, begleitet durch Übelkeit sind untrügliche Anzeichen. Glück, wenn man jetzt eine Toilette in der Nähe hat. Noch größeres Glück, wenn eine einigermassen begehbare Toilette in der Nähe ist. Ich hatte ganz großes Glück, denn wir waren auf dem Campingplatz von Cusco und dort gibt es ein gutes Badezimmer. Allerdings schien es, als ob der Inca hier in Cusco von vielen Overlander seinen Tribut forderte. Dadurch kam es immer wieder zu Staus vor der Toilette. Und das ist gar nicht gut, gar nicht gut, weil der Schließmuskel durch die wirkenden inneren Kräfte machtlos ist.
Die verschiedenen Hausmittelchen und Rezepte machen die Runde. Ich greife zur Chemie und lege meinen Darm mit Imodium lahm. Das erspart mir zwar die häufigen Toilettengänge, aber meine Übelkeit und die körperliche Schwäche hält mich im Bett fest. Nach zwei Tagen ohne Nahrungsaufnahme immer noch keine Besserung. Auch Edda’s fürsorgliche Pflege und die Nachfragen unserer Nachbarn und deren guten Genesungswünsche halfen nicht. Lutz, der das schlimmste schon hinter sich hatte, schwört auf Ciprohexal, ein Breitbandantibiotika für Weichteile. Die kann man immer essen, sagt er. Am vierten Tag ohne Besserung lasse ich mich überreden. Edda holt die Dinger in der nächsten Apotheke. Und tatsächlich, die sehen recht verdaulich aus, wie rote Bonbons. Fünf Tage, jeden Tag eine, empfiehlt Lutz. Schon die erste scheint zu wirken. Am Abend kann ich schon wieder für ein, zwei Stunden aufstehen und am nächsten Morgen geht es mir schon beinahe wieder gut. Noch ein wenig schwach auf den Beinen aber gut. Am nächsten Tag, als wir schon wieder durch Cusco laufen, spüre ich die Nebenwirkungen des Antibiotika. Ich spüre meine linke Schulter nicht mehr. Seit sieben Monaten plagt mich das blöde Ding und jetzt auf einmal sind die Schmerzen weg. Wie weggeblasen. Vorsorglich nehme ich die Pillen zwei Tage länger und hoffe auf die nachhaltige Nebenwirkung. 

Sonntag, 31. Juli 2016

Termine, Termine und die Jagd nach einer schnellen Internetverbindung

Mein Rotary Club unterstützt schon seit einigen Jahren eine Schule in Peru. Da wir schon in der Nähe waren, wollten wir die Schule auch besuchen.
Kaum hatten wir die Grenze nach Peru überschritten erreichten uns die ersten E-Mails aus Tettnang mit Infos zur Schule und und dem Rotary Club in Cajamarca. Die Kontaktpersonen vor Ort bei Rotary und in der Schule wurden von unseren Freunden aus Tettnang über unseren bevorstehenden Besuch informiert.
Peru ist nicht Europa, wo man einfach mal an einem Tag tausend Kilometer fahren kann. An manchen Tagen ist man froh wenn man 100 Kilometer schafft. Wir haben ja noch genügend Zeit, glaubten wir und haben die Gegend um Cachapoyos wandernd erkundet.
Aber auf einmal wurde der letzte Schultag in Porcon der 21.7.2016 ein unglaublich wichtiges Datum für uns. Die E-Mails und SMS aus Tettnang, mit immer mehr Informationen und immer drängender, häuften sich. Wir bekamen das Gefühl, dass alle auf uns warten. Mit „macht Vorwärts“ endeten die Mails aus Tettnang.
Von Cachapoyos nach Cajamarca sind es gerade mal 300 Kilometer. Das müssten wir in einem Tag schaffen, dachten wir. Von unseren Tettnanger Freunden wurde unser Kommen für den nächsten Tag beim Schulleiter in Porcon angekündigt. Aber wir haben die Rechnung ohne Peru’s Strassen gemacht. Pässe über 4000m sind für uns inzwischen normal geworden, aber die Strasse war besonders eng, führte entlang an ungeschützten Bergrücken immer wieder tief hinunter in Flusstäler um sich anschliessend zum nächsten Pass hinauf zu winden. In endlosen Serpentinen ging es dann hinunter auf 600m ins Tal des Rio Maronon. Obwohl unser Kühlwasser bergauf kochte und die Bremsen beim runterfahren glühten, saßen unsere Tettnanger Freunde, der Schulleiter und der ganze Rotary Club von Cajamarca neben uns und drückten aufs Gaspedal. Vor einigen Stunden haben wir noch gefroren und jetzt am Rio Maronon schwitzten wir bei 38°C. Nachdem sie uns in diesem Backofen durch ein Flussbett umgeleitet haben, war erst mal Schluss. Es gab Sprengarbeiten, die ein Weiterkommen unmöglich machten. Am nächsten Morgen soll die Strasse zwischen 6 und 7 Uhr passierbar sein. Wir schicken eine SMS nach Tettnang und von dort wurde der Schulleiter über unsere Verspätung informiert. Jetzt wird es langsam eng. Am nächsten Morgen brechen wir noch vor Sonnenaufgang auf, damit wir noch rechtzeitig durch die gesperrte Strecke kommen. Unsere Hoffnung, dass sich die Strasse bessert wurde leider nicht erfüllt.
Die Serpentinen sind eng an die steilen Felswände gedrückt. Einspurig, ungeschützt, oft schon bergseitig abgebrochen, was die Durchfahrt noch interessanter machte. Ganz selten gab es Ausweichstellen, so dass immer wieder halsbrecherisches Rückwärtsfahren bei Gegenverkehr notwendig wurden. Normalerweise bin ich recht schwindelfrei aber nach einiger Zeit vermeide ich es in die Abgründe zu blicken. Edda redet schon lange nichts mehr, sie sitzt blass neben mir und ihr Blick ist stur nach Vorne gerichtet. Porcon, wir kommen. Nach einem Ort, ich habe den Namen vergessen, wurde die Strasse auf einmal zweispurig, super ausgebaut und neu asphaltiert. Die Gegend ist jetzt von Milchwirtschaft dominiert. Die Bauern bringen ihre Milch in Kannen, die von Eseln getragen werden, von den Bergen in die vielen kleinen Käsereien entlang der Strasse. Edda redete wieder mit mir und um 13Uhr fuhren wir auf den Schulhof von Porcon wo Carlos schon wartete. Seine Einladung zum Mittagessen nahmen wir gerne an. So eine aufregende Fahrt mit den vielen Beifahrern macht hungrig, zu mal das Frühstück wegen des frühen Aufbruchs auch nicht üppig ausgefallen ist.
Der Schulleiter war ein wenig nervös, weil in der Schule die Köpfe rauchten. Die Schüler steckten mitten im Examen. Trotz des Stresses dem sie ausgesetzt waren freuten sie sich über den Besuch. Wir wollten sie nicht stören und schlichen uns leise durch die Schule. Die Schule macht auf uns einen sehr guten Eindruck. Der Schulleiter und einige andere Lehrer erzählten uns viel über die Schule. Leider können wir die Inhalte nicht wieder geben. Erzählt ist eben noch lange nicht verstanden. Der Schulleiter hat sich sehr viel Zeit für uns genommen, obwohl unser Besuch zu einem sehr ungünstigen Zeitpunkt statt fand. Schuljahresende, Prüfungen und wohl neue Lehrpläne von der Regierung. Am Abend besuchten wir noch das Meeting „unserer“ Rotarier. Sie hatten einen Volontär aus Deutschland mitgebracht, der gerade ein freiwilliges Jahr in einer Behindertenschule macht. Der junge Mann war natürlich von der Terminologie von Rotary völlig überfordert, so dass wir wieder auf direkte Kommunikation übergingen. Bis neun Uhr wurde über verschiedene Projekte geredet und dann wechselten wir in ein nahe gelegenes Restaurant und liessen den Abend bei einem leckeren Essen und einigen Flaschen Wein ausklingen. Trotz den Verständigungsproblemen hatten wir einen sehr schönen Abend mit netten Gesprächen. Ich wundere mich immer wieder, wie wenige Wörter man braucht, um sich zu verstehen.
Einen Tag um die Gegend von Cajamarca anzusehen und schon wartete der nächste Termin auf uns. Die Aufsichtsratssitzung von TANNER stand vor der Tür. In Peru´s Anden sind die Internetverbindungen oft sehr unzuverlässig und langsam. Nicht geeignet für eine Videokonferenz. Wir entschlossen uns nach Trujillo an die Küste zu fahren, weil wir dort eine bessere Internetverbindung vermuteten. Die Aussicht, mal wieder etwas Wärme zu tanken, war auch sehr verlockend, obwohl es bedeutet, zwei volle Tage durch die Anden zu kurven und sich dann in nur 100km, nach dem letzten Paß auf 4200m hinunter auf Meereshöhe zu schrauben. 
Randbemerkung: Wenn man den Druckausgleich geschafft hat, fühlt man sich auf Meereshöhe wie neu geboren, wenn man sich zuvor lange Zeit in Höhen zwischen 3000 und 4000m aufgehalten hat.
Unsere Vermutung wegen des schnellen Internets hatte sich bestätigt. Ich konnte an der Aufsichtsratssitzung teilnehmen. Inzwischen sind wir wieder zurück in den Anden, mitten in der grandiosen Landschaft der Cordillera Blanca. 

Einige Eindrücke auf unserer Strecke von Termin zu Termin.









Schüler in Porcon bei der Prüf






Seht mal den Strassenverlauf 


















Unser Badezimmer. Das heiße Wasser kommt direkt aus dem Felsen. 






So sieht die Flasche aus, wenn man von 4000 auf 0 fährt. Umgekehrt macht es Bum