Freitag, 8. Januar 2016

Gewalttour auf den Vulkan Santa Ana

Etwas eigenartig sind sie schon die Parkrancher und Verständnis für die etwas Älteren wie wir, ich meine die über 60jährigen haben sie auch keins.  An und für sich ist das ja kein Alter, aber wenn Du mit einer Horde von Zwanzigjährigen auf die Spitze eines Vulkans unterwegs bist, merkst du ganz schnell, was dein „ich bin ja noch ganz fit“ wert ist.
Unser Ziel war der Vulkan Santa Ana im National Park Cerro Verde.
Obwohl wir frühmorgens am Lago de Coatepeque aufgebrochen sind, sind wir beinahe zu spät zu unserer geführten Tour auf den Vulkan gekommen. Das Fernsehteam vom Sender PRENSA TV hat uns lange aufgehalten, weil sie mit uns ein Interview für ihre Sendung über die Gegend machen wollten. Ich würde Euch ja gerne sagen, wann ihr den Fernseher einschalten müßt, aber vermutlich kommt nur Schnee wenn Ihr auf das El Salvadorische Fernsehen umschaltet.
Zurück zu unserer Wanderung. Als wir am Parkeingang kurz vor 11:00 Uhr ankamen herrschte schon eine hektische Aufbruchsstimmung, alle waren zum Abmarsch bereit. Ausser uns natürlich. Angetrieben vom Parkrancher  sind wir schnell in unsere Bergschuhe geschlüpft und schon waren auch wir abmarschbereit. Die Spitze unserer „Vulkanexpedition“ bildete ein junger Polizist in seiner dunklen Uniform, dann kamen die „Expeditionsteilnehmer“ und der Schluß bildete wieder ein Polizist. Dazwischen gab es auch einen Tourführer von der Parkverwaltung, den wir aber nicht identifizieren  konnten weil er im gleichen Alter war wie die Truppe mit der wir inzwischen unterwegs waren.  Ca. 50 junge Leute um die zwanzig. Für uns war das ganz witzig, fühlt man sich doch unter so vielen jungen Leuten auch gleich jünger. Begleitet durch verschiedene Musik aus den Smartphone´s, mit Geplapper, Gelächter und Gekreische sind wir mitten unter den Jungen und genau so fröhlich, beinahe hätten wir zu den Smartphone´s mitgesungen, auf einem Dschungelpfad immer weiter nach unten gelaufen. Bis uns aufgefallen ist, dass wir immer bergab laufen, waren wir schon beinahe eine Stunde unterwegs. Ganz unten konnten wir den Vulkan Santa Ana sehen. Ab hier begann der Aufstieg, erst flach und dann immer steiler. So langsam begannen wir den Altersunterschied zwischen uns und den Jungen zu spüren. An dem Rastplatz, bevor es dann so richtig hoch ging, kamen wir als letzte an. Wir hatten uns kaum 2 Minuten in die Wiese gesetzt, um etwas zu trinken, Gott sei Dank hatte Edda noch ein paar Flaschen Wasser in unsere sonst leeren Rücksäcke gesteckt, da haben wir den jungen Tourführer von der Parkverwaltung kennen gelernt. Er kam auf uns zu, zeigte auf die Uhr und bat uns aufzubrechen, damit wir nicht zu spät kommen. Wiederwillig haben wir unsere Rast beendet bevor sie angefangen hat und sind weiter marschiert. Ab jetzt war er immer hinter uns und jedes mal wenn wir für eine kurze Verschnaufpause stehen blieben, wir haben dann immer so getan als ob wir die wunderschöne Landschaft bewundern, hat er auf die Uhr gezeigt und uns gebeten weiter zu gehen, damit wir nicht zu spät kommen. Wozu wir nicht zu spät kommen dürfen, haben wir nicht in Erfahrung bringen können. Uns blieben nur Mutmaßungen. Vielleicht spuckt der Kratersee zu einer bestimmten Uhrzeit wie ein Geysir, oder das Licht ist zum Fotografieren zu einer bestimmten Zeit optimal, oder das Wasser des Kratersees verfärbt sich, oder…..  Auf den wahren Grund währen wir nie gekommen. Ihr sicher auch nicht. Inzwischen konnten wir schon die ersten Leute oben auf dem Gipfel sehen, während wir noch eine Stunde vor uns hatten. Langsam, aber mit konstanter Geschwindigkeit haben wir uns Richtung Gipfelt hoch gekämpft und um Punkt 14 Uhr konnten wir, zwar ein wenig geschafft aber auch glücklich in den Krater schauen. Zur gleichen Zeit erfuhren wir auch den Grund, warum uns der Tourführer immer mit Blick auf die Uhr zum weiter gehen motivierte. Der Gipfel wurde um 14 Uhr geschlossen!!! Ja, ob ihr´s glaubt oder nicht. Um 14 Uhr blässt der Polizist, der die Truppe angeführt hat wie irr in seine Trillerpfeife, fuchtelt mir den Händen und treibt die Leute zusammen damit sie den Gipfel verlassen. Wir erstreiten uns noch ein paar Minuten für ein Gipfelfoto. Mir kommt dabei Fritz in den Sinn, der immer wenn sie durch eine Stadt fahren, zu seiner Frau, sagt: „Erika schalt GoPro a, des guck ma uns dahoim a“. Jetzt beim Abstieg kam noch mehr Hektik auf als beim Start. Das poröse Vulkangestein machte den Abstieg zu einer echten Rutschpartie. Wir bildeten den Schluß, weil wir nicht von den immer wieder stürzenden jungen Leute die übermütig nach unten stürmten, mitgerissen werden wollten. Als wir unten auf dem Rastplatz, wo wir beim hoch laufen keine Rast machen durften, mit weichen Knien ankamen, hatten wir dringend eine längere Pause notwendig. Ich hatte eine kleine Bank mit einem kleinen Tisch ausfindig gemacht. Aus meinem Rucksack kramte ich alles heraus, was ich finden konnte und breitete es auf dem kleinen Tisch aus. Eine Flasche Wasser, ein trockener Keks, ein Bonbon und eine Schachtel Zigaretten. Abgesehen von den Zigaretten hatte Edda das gleiche in ihrem Rucksack. Zu dem hatte sie noch zwei Bananen ergattert. Gerade als wir es uns auf der Bank gemütlich gemacht hatten und wir uns auf unsere Jause stürzen wollten kam der junge Führer, zeigte auf die Uhr und sagte wir müssten sofort aufbrechen. Die Stimmung auf dem Platz war so, dass man das Gefühl hatte, gleich würde etwas schlimmes passieren und wir deshalb dringend hier weg müssen. Ganz unten wartete für die Jungen ein Reisebus, der sie abholte und für uns begann der lange Aufstieg zum Parkplatz von dem aus wir heute Morgen gestartet sind. Vor uns der junge Führer und hinter uns der Polizist. Jedes mal, wenn wir stehen blieben ging der Blick auf die Uhr und der Junge sagte „bitte, wir sind schon zu spät“.  Als wir endlich oben ankamen, wir waren fix und fertig, konnten kaum noch stehen, da wartete der Parkwärter mit leicht sauerer Mine auf uns weil er wegen uns seinen Park zu spät schliessen konnte. Als wir endlich unser Auto erreichten waren wir kaum noch in der Lage unsere Bergschuhe auszuziehen. Wir waren beinahe 6 Stunden unterwegs ohne eine einzige Pause.
Auf unsere Fragen, warum man nur mit einer geführten Tour auf den Vulkan darf, warum man erst um 11 Uhr los läuft, warum der Gipfel um 14 Uhr ganz hektisch geräumt wird und warum der Abstieg so eilt, haben wir keine Antwort bekommen, weil wir zu müde waren zu fragen. Am nächsten Morgen ging's uns wieder gut und die Fragen haben uns nicht mehr interessiert. Warum wir die einzigen „Alten“ waren, diese Frage konnten wir uns ja selbst beantworten.
Habe ich schon gesagt, dass die von der Parkverwaltung ein wenig komisch sind. Wahnsinnig net, aber komisch.


Vorsicht, die Bilder geben die Anstrengung dahinter nicht wieder. Wir möchten niemand von der Tour abhalten. Es ist halt kein Sonntagsspaziergang.


















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