Montag, 2. April 2018

Die Sprungkraft läßt halt nach

und die Knochen werden morscher.
Ganz alleine bin ich am Punta Ballena. Die Touristen, die noch vor zwei Stunden zu hunderten die Landzunge bevölkerten um den Sonnenuntergang zu huldigen, sitzen längst in den schicken Restaurants in Punto del Este zum Abendesse. Ich stehe auf einem niedrigen Mäuerchen, geniesse die dunkle Nacht und die Aussicht auf die beleuchteten Hochhäuser von Punto del Este.  Nachdem ich genug von der Aussicht hatte und mich der starken Wind, der mir um die Ohren pfiff, ausgekühlt hatte. Sprang ich von der kleinen Mauer. D.h. ich wollte springen, aber die Schwerkraft, oder was auch sonst immer, hat meine Füße auf der Mauer festgehalten und ich bin Kopfüber auf den geschotterten Boden geknallt.
Die Folgen waren recht heftig. Beim Aufprall hat mein Auge hell aufgeblitzt und nachdem die erste Benommenheit vorbei war, galt die erste Sorge meiner Brille. Die Sorge war aber unberechtigt. Ausser einem leicht verbogenem Bügel war die Brille OK. Das Horn an meiner Augenbraue drängte ich mit einer kalten Bierdose zurück. Das Auge war so weit ich sehen konnte auch in Ordnung und so lange ich es nicht sehr stark bewegte tat es auch nicht weh. Die Hand fühlte sich an wie leicht verstaucht, aber ich konnte alles bewegen und die Rippen taten mir nur weh wenn ich lachte. Na ja, zum lachen hatte ich im Moment ja gerade nichts. Nachdem ich meine Untersuchung abgeschlossen hatte und dachte, wieder mal Glück gehabt, habe ich das kühle Bier, dass mein Horn erfolgreich zurück gedrängt hatte, getrunken.
Noch bevor ich mein Bier leer getrunken hatte, fing mein Arm an, höllisch weh zu tun.
Nachdem zwei sehr starke Schmerztabletten, die wir für solche Fälle dabei haben, keine Linderung brachten und mich eine leichte Übelkeit befiel, vermutete ich einen Bruch. Scheiß Gegend dafür, dachte ich. Als nächstes habe ich einen Gegenstand gesucht, mit dem ich meinen Arm schienen konnte und bin in meiner Küche fündig geworden. Eine hölzerne Bratschaufel war genau das Richtige. Die schmerzen sind aber geblieben. Ein Besuch im Hospital würde mir wohl nicht erspart bleiben. Meine SIM-Karte war Gott sei Dank mit genügend GB´s aufgeladen und mein Handy hatte guten Empfang, so konnte ich im Internet nach einem Krankenhaus Ausschau halten. Ich wurde auch schnell fündig. Den professionellsten Eindruck machte das British Hospital in Montevideo. Aber bis dahin waren es mindestens zwei Autostunden. Inzwischen war es bei mir zwei Uhr, Zeit für Edda, die ja schon 5 Stunden weiter war, auf zu stehen. Ich habe sie über meine Missgeschick informiert und ihr gesagt in welches Krankenhaus ich fahre.
Das British Hospital unterschied sich von unseren Krankenhäusern in erster Linie dadurch, dass es eher einem Hotel gleicht. Der Ablauf ist dann ein wenig komplizierter aber alles ist sehr professionell. Nachdem am Empfang die Personalien aufgenommen waren, wurde ich zu einer Ärztin gebracht, die dann entschied zu welchem Arzt man in der Notaufnahme mußte. Die Ärztin in der Notaufnahme entschied nach einer eingehenden Untersuchung, dass für mich ein Orthopäde der richtige ist. Der Ordopäde ordnete zuerst ein Röntgenbild an, womit er aber keine eindeutige Diagnose stellen konnte. Ein CT brachte dann die Gewissheit. Eine Kapsel im Handgelenk war gerissen. Über die erforderliche Behandlung war er sich aber nicht sicher, deshalb hat er seinen Chef zu Hause angerufen, es war ja Sonntag und da hatte der Chef keine Lust zu kommen. Ich soll am nächsten Tag wieder kommen. Nach einer Schmerzinfusion wurde ich entlassen. Am nächsten Morgen, ich hatte auf einer wunderschönen Bio-Farm, etwas ausserhalb von Montevideo übernachtet, hatte ich ein kreisrundes Veilchen und aus dem linken Auge quoll Blut. Verdammt, was war den das.
Ohne Frühstück und mit Sonnenbrille bin ich wieder zur Klinik gefahren. Zuerst zum Professor, der sich für einen 4 wöchigen Gips entschied und dann zur Augenärztin. Nach einer langen Untersuchung stellte sie fest, dass ich zwar ein schweres Hämatom habe, aber das Auge unverletzt ist und ich mir keine Sorgen machen muß. Doch noch Glück gehabt.
Das Krankenhaus und die Ärzte und auch das sonstige Personal war sehr Professional und alle sprachen Englisch. Einen kleinen Unterschied gibt es zu unseren Krankenhäusern doch. Bei allem was sie tun, sagen sie einem jeweils was das kostet und fragen, ob sie es tun sollen.
Nach einer Woche ist das Lachen längs wieder zurück gekehrt und auch die Rippen tun beim lachen nicht mehr so weh.
Glück muß man halt haben.