Sonntag, 1. März 2015

„Das Wochenende ist auch schön“

beinahe hätten wir es vergessen. Nicht weil beim Reisen ein Tag wie der andere ist. Nein, das Wochenende spielt einfach keine große Rolle mehr. Ganz anders jetzt in Panajachel am Lago de Atitlan. Vor zwei Wochen sind wir mit einiger Verspätung über Belize im Norden Guatemalas eingereist. Einer unserer ersten Stationen war die Maya-Ruinenstadt Tikal. Siehe Tikal. Von dort sind wir mit einem Zwischenstop in Rio Dulce, eine schmutzige, vom Schwerlastverkehr erstickende Kleinstadt am Lago de Itzabal. Auf der Suche nach der alten Landstrasse nach Panajachel sind wir in Patzún gelandet, eine noch sehr ursprüngliche Kleinstadt mit einem wunderschönen Indio-Markt an der Kirche. Die Leute sind noch nicht an Touristen gewohnt. Sie begegnen uns mit einem gewissen Respekt aber sehr freundlich. In der Stadt herrscht eine fröhliche Atmosphäre. Wir konnten im abgeschlossenen Hinterhof des Hotels Plaza mitten in der Stadt übernachten. Die Weiterfahrt gestaltete sich ein wenig schwierig. Zum einen war die Strasse in unserem Kartenmaterial völlig falsch eingezeichnet und in unserem Reiseführer stand, dass es auf dieser Strecke des öfteren Überfälle gegeben hat. Für Edda war damit klar, dass wir zurück fahren auf die Hauptstrasse und den weiten Umweg fahren. Zudem hatte sie von meinen ewigen Abkürzungen, die zugegebenermassen öfter auch mal länger dauern, und zudem an unser Auto und Edda´s Nerven hohe Anforderungen stellen, die Nase voll. Aber so schnell gebe ich natürlich nicht auf. Ich erkundigte mich bei dem sehr netten Hotelbesitzer, den auch Edda mag und ihm traut und der auch noch englisch spricht, nach dem Weg und nach der Gefährlichkeit. „Nein, nein gefährlich ist das nicht, ihr habt ja ein gutes Auto“ antwortet der Hotelbesitzer. Leider habe ich seinen Namen vergessen. Ich nenne ihn einfach Alfonso. „und wie ist es mit den Banditen“ frage ich Alfonso. „Banditen?“ er überlegt kurz „nein, nein, seit 10 Jahren ist hier niemand mehr überfallen worden, da müsst ihr keine Angst haben“. Bei mir steigt die Stimmung und ich ärgere mich über die Reisebuchautoren, die nur alle von einander abschreiben und sich wichtig machen wollen. Aber ich sehe Edda an, dass sie noch nicht ganz überzeugt ist. „Und wie finden wir die alte Landstrasse nach Panajachel“ fragt sie Alfonso. Seine Erklärung hörte sich ziemlich kompliziert an und da wir uns schon gestern auf der Suche nach der Strasse in bösen Schlaglöchern verirrt hatten, schwand meine Euphorie wieder, als sich Edda´s Gesichtsausdruck von nachgiebig in trotzig verwandelte. Wenn Ihre Augen und Lippen ganz schmal werden habe ich meistens verloren. Ich sah mich schon die langweilige Hauptstrasse entlang brettern als mir Markus, der hübsche Sohn von Alfonso zur Hilfe kam. Er bot sich an, voraus zu fahren und uns den Weg aus der Stadt zu zeigen. So weit, dass wir nur noch gerade aus fahren müssen und uns nicht mehr verirren können. Bingo, Edda ist dem Charme von Markus erlegen. Kurz darauf folgten wir Markus aus der Stadt. Ohne Markus wäre das sehr schwierig geworden und an jeder Kreuzung wo wir in eine noch kleinere Strasse abbiegen mussten, hörte ich Edda in Gedanken schimpfen. Aber Gott sei dank war da Markus vor uns. Irgend wann stoppte Markus, sagte „ab hier gehts nur noch gerade aus“ und verabschiedete sich mit einem „buen viaje y cuídate“.
Alfonso
Markus

Gerade aus, dass war ein echt guter Witz. Die Strasse windet sich in steilen Serpentinen hinunter in ein Flusstal. Die Landschaft ist atemberaubend. Mit glühenden Bremsen kommen wir unten an und dann stehen wir vor dem Fluss und die Strasse ist zu Ende. Die Brücke, vermutlich während der letzten Regenzeit einfach weggespült. Es gibt eine Furt, aber Edda weigert sich standhaft durch den Fluss zu waten um die Tiefe zu erkunden. So bleibt mir nichts anderes übrig, es ohne Pfadfinder zu versuchen. Schließlich kann ich ja nicht gleichzeitig fahren und vorauslaufen und zudem konnte man sehen, dass schon andere vor uns durchgefahren sind und meinen überhitzen Bremsen tat eine Abkühlung auch ganz gut. An den Spuren am Flussbett konnte ich sehen, dass ich mit der Strömung einfahren und dann ab Mitte Fluss leicht gegen die Strömung wieder ausfahren musste. Genau so verlief die Furt dann auch. Das Wasser war kaum knietief und alles war easy. Die Strasse schraubte sich wieder hoch, bis wir hoch oben mit einer wunderschönen Aussicht auf den Lago de Atitlan belohnt wurden. Jetzt war auch Edda froh über unsere Routenwahl.
Jetzt habe ich schon fasst ein schlechtes Gewissen, weil das Wochenende beinahe zu Ende ist, Edda über ihren Hausaufgaben sitzt und ich immer noch an dem Bericht schreibe, anstatt auch meine Hausaufgaben zu machen. Wir drücken zur Zeit die Schulbank um unser vergrabenes Spanisch wieder auszubuddeln. Jetzt kann ich nachvollziehen, wie mühsam die Arbeit der Archäologen ist. Obwohl wir beide einen Einzellehrer haben, geht alles nur poco a poca. Morgens um halb sieben stehen wir auf, duschen, frühstücken, Betten machen, noch schnell versuchen ein paar Vokabeln zu lernen dann über einen Berg 20 Minuten in die Schule laufen. Um 13:00 Uhr ist der Unterricht und wir fix und fertig. Nach einem kleinen Mittagessen in Panajachel wieder über den Berg 20 Minuten nach Hause. Unser zu Hause ist derzeit eine grüne Wiese direkt am Ufer des Atitlan-See´s. Wir stehen unter einer Palme, vor uns das blaue Wasser des Lago de Atitlan und als Kulisse Fischer, die mit ihren kleinen Paddelbooten ihre Netzte auslegen und die drei Vulkane Toliman 3158m, Atitlan 3535m und San Pedro mit 3020m Höhe direkt am anderen Ufer des Sees.

Die Schule macht Spass, aber wir haben das Wochenende wieder entdeckt und genießen es sehr. Da wir in Mexiko ein wenig getrödelt haben, müssen wir jetzt versuchen schneller zu lernen und auch am Wochenende Hausaufgaben machen :O

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