Freitag, 26. Dezember 2014

Weihnachten oder Karfreitag?


24.12.2014, 22:30 und wir sind gerichtet für die grosse Prozession zur Mitternachts-Christmette in Santa Maria el Tule. Ein kleines Dorf, einige Kilometer südlich von Oaxaca. Edda packt noch zwei Gläser ein, weil wir von unserem Kanadischen Gastgeber, der vor drei Jahren hier hängen geblieben ist und seit her die Overlander Oasis betreibt, den Tip bekamen, unterwegs würde es einen Punsch geben aber keine Gläser. Unsere Freunde aus Quebec, ebenfalls Gäste auf dem Camp, die sich ebenfalls der Prozession anschließen wollten, warteten schon auf uns. Die Prozession sollte nur einige Strassenblöcke von unserer Overlander Oasis entfernt starten. Als wir die unbeleuchtete Strasse entlang gingen bemerkte ich nach einigen Minuten, dass unser Weggefährte stark humpelte und mit unserem Tempo kaum mit halten konnte. „Warum humpelst Du?“ „Scheiss Gicht am grossen Zeh“ Tut´s sehr weh?“ „Ja, ich habe zu viele Shrimps gegessen“. Gott sei Dank hatte ich meine Laufstöcke dabei, die ich wegen meiner Hüft-OP immer noch für längere Wege benutze. Ich kann mittlerweile ganz gut ohne Stöcke laufen, aber zur Sicherheit habe ich einen behalten. Auch ein Stock brachte meinem Weggefährten starke Erleichterung und wir kamen gut voran. Wir sollten am Ende der Strasse rechts und dann links abbiegen und dann würden wir die Musik schon hören und ihr bis zum Startplatz der Prozession folgen. Wir haben getan, wie uns geheißen wurde, aber Musik war keine zu hören. Überhaupt war ausser uns niemand auf der Strasse. Wir sind noch mindestens eine halbe Stunde, einige dunkle Strassen abgelaufen, mal links mal rechts abgebogen, bis wir auf eine mit Girlanden und Lichtern geschmückte Strasse getroffen sind. Mein hinkender Freund war sichtlich erleichtert, ob schon wir noch nicht da, aber offensichtlich doch in der Nähe waren. Am Ende der Strasse Richtung Stadt auswärts hörten wir Kindergelächter. In der Erwartung, dass wir dort unsere mitgebrachten Gläser mit Punsch füllen konnten, hat sich unsere kleine Prozession mit zwei Stockträgern in Richtung des Kindergelächters in Bewegung gesetzt. Wir hatten richtig gehört. Am Ende der Strasse tollten schreiende und lachende Kinder auf der Strasse. Von den Gläubigen, deren Prozession wir uns anschliessen wollten fehlte jede Spur, geschweige den von unserem Punsch Stand, wo wir hofften unsere Gläser füllen zu können. Ratlos warteten wir eine viertel Stunde auf die restlichen Prozessionsteilnehmer. Vergebens und langsam dämmerte uns, es bleibt bei unserer kanadisch-deutschen Viererprozession. Der Zeh von Ed hatte sich in der Zwischenzeit etwas beruhigt, so dass er sich stark genug für den Weg zur Kirche fühlte. Nach einer weiteren halben Stunde schleppte sich Ed auf den Kirchplatz. Die Kirche war verschlossen und der Kirchplatz mit seinem 2500 Jahre alten Baum in der Mitte war menschenleer. Obwohl mir die Comic des ganze Unterfangens immer mehr Spass machte, hat mir Ed echt leid getan, denn wir hatten ja nicht Karfreitag und Ed war kein Pilger der seine Sünden ablaufen musste, glaube ich zu mindestens. Aber so richtige Weihnachtsstimmung kam auch nicht auf. Edda und Elli haben noch an die Kirchenpforte gepocht. „Lasst uns rein“ während wir beiden Stockträger uns auf einer Bank ausgeruht haben. Also  entweder waren wir am komplett falschen Ort, oder Weihnachten ist dieses Jahr ausgefallen. Genau lies sich das auch am nächsten Morgen nicht klären. Unsere Gastgeber von der Overlander Oasis liessen sich aber von unserem Erlebnis in ihrer kanadischen Tradition nicht beirren. Schon Morgens war sie mit einem frisch gebackenen Zimthefekuchen (er hatte eine ähnliche Konsistenz wie Dampfnudeln) unterwegs und jeder durfte sich davon ein Stück abbrechen. Hat sehr lecker geschmeckt und ich hätte mir gerne ein zweites Stück runter gebrochen, aber sie kam kein zweites mal mit dem Kuchen vorbei. Mittags schoben sie den traditionellen Weihnachtstruthahn in die Backofen. Wir Gäste aus Quebec, Arizona, Neuseeland, und Deutschland steuerten die Beilagen bei. 
Und so verbrachten wir einen schönen Weihnachtsabend unter Freunden, wenn auch mit dem leichten Zweifel, ob wirklich Weihnachten ist. 

Wen es interessiert, meine Beilagen bestanden aus: 

  • mit Käse und Semmelbrösel überbackenen Blumenkohl aus meinem neuen Backofen
  • glasierten Karotten
  • Cus Cus mit Backpflaumen und gerösteten Nüssen gewürzt mit in Curry-Butter geschmorten Zwiebeln- und Karottenwürfelchen. Die Zusammensetzung des Curry-Pulvers darf ich nicht verraten, dass ist Hungs Geheimnis.

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