Donnerstag, 30. März 2017

Kochtöpfe und Dessous

„Entschuldigen Sie Señora, wo finde ich die Betonmischer“ fragt der Mann mit seine Gaucho-Mütze, der vor mir den Supermercado betreten hat. Ich bin wegen dieser Frage staunend am Eingang stehen geblieben.
„Dort hinten, gleich neben der Fleischtheke“ Die Señora zeigt dabei quer durch den Supermarkt nach links hinten. Meine Augen folgen der Richtung in die der Arm zeigt, aber eine Betonmaschine kann ich nicht ausmachen, auch keine Fleischtheke, aber der Herr mit seiner Gaucho-Mütze, der danach gefragt hat, hat sich kurz bedankt und ist schon auf dem Weg. Edda schiebt mich von hinten ungeduldig weiter in den Laden. Weit komme ich nicht. Das von der Decke hängende Zaumzeug und was man sonst noch alles für sein Pferd braucht, wenn man Gaucho ist, zieht mich in seinen Bann. Aber nicht nur dass, auch die Zylinderkopfdichtungen für verschiedene Motoren, die unter dem ganzen Pferdezeug an der Wand hängen, fesselt meinen Blick. Aber eigentlich ist es die Kombination, die Zusammenstellung. Der erste Gedanke war: wie beim Gruber nur größer. Für alle, die den Gruber nicht kennen. Wenn man von Gattnau nach Kressbronn fährt kommt er auf der linken Seite. Wenn ihr da mal vorbei kommt und was braucht, müsst ihr unbedingt da rein gehen. Egal, ob ihr eine Banane, eine Dose Erbsen, eine Kuhglocke, einen Nagel oder eine Dampfmaschine braucht, beim Gruber werdet ihr bestimmt fündig.
Aber ich komme aus dem Konzept. Edda mault mich schon an, ich soll endlich weiter gehen und stupst mich mit dem Einkaufswagen in mein Hinterteil. Ich stolpere vorbei an Schrauben und Nägel, über denen bunte Rucksäcke hängen.
Wir sind in einem Supermarkt auf der Carretera Austral, mit der erst in den Siebzigern und Neunzigern der Süden von Chile erschlossen wurde. Große Abschnitte sind heute noch üble Rumpelpiste und der Pioniergeist sieht und spürt man bei jeder kleinen Siedlung. Klar, dass Menschen die eine Wildnis erschließen andere Anforderungen an einen Supermarkt haben als wir zu Hause. Da wirkt es irgendwie ganz normal, wenn es im Supermarkt neben den üblichen Lebensmitteln auch Kompressoren, Bootsmotoren, Installationsmaterial, Fahrräder, Angeln, Beschläge, Heiltinkturen, Musikinstrumente, Schubkarren, Betonmischer, Werkzeug, Bekleidung und und und… zu kaufen gibt. Faszinierend fand ich vor allem die Zusammenstellung. Hof- und Nachttischlampen über dem Gläserregal angebracht spart die extra Beleuchtung für die Gläser. Neben den Gewehren und der Munition befinden sich die Kühlboxen und die Verbandskästen. Klar, wer jagt muß seine Beute auch kühlen und wenn mal was daneben geht, da hofft man natürlich, dass man noch einen Verbandskasten braucht. Ich könnte noch Stunden über das Angebot und den Besonderheiten des Angebotes berichten, aber Edda drängt schon lange und will mich loseisen, damit wir gehen. Aber nicht bevor ich Euch von den Kochtöpfen erzählt habe.
Meine Lieblingsecke in dem Supermarkt ist der Tresen mit den Kochtöpfen, nicht weil ich gerne koche, nein, es sind die Dessous. Das stimmt so auch nicht. Es ist die Kombination, die mich begeistert. Direkt über den Kochtöpfen stehen Modellpupen mit echt scharfe Dessous. Auf dem imaginären Schild darüber steht 
„Alles für die Frau“. 
Aber vielleicht irre ich da auch. Denn gerade als ich mich von der vergnüglichen Szenerie loseisen wollte, kam ein Mann an den Tresen und interessierte sich für einen Kochtopf. Der Verkäufer war bei der Auswahl behilflich. Aus gebührendem Beobachterabstand glaubte ich zu beobachten, daß sich die beiden Männer nicht zwischen einem geblümten Emailtopf und einem Edelstahltopf entscheiden konnten und deshalb eine Verkäuferin zur Hilfe holten. Die sprach kurz mit dem Kunden, schnappte sich dann die Modellpuppe mit dem getigerten hautengen Body, der seitlich bis zur Hüfte hochgeschnitten und hinten der Ausschnitt bis zum Po reichte. Darüber trug die Puppe ein schwarzer Strapser. Die Verkäuferin zog der Modellpuppe Beides aus, faltete die Teile vorteilhaft zusammen und legte sie zusammen in den geblümten Emailtopf. Die Gehilfin stellte dem Kunden ein kurze Zwischenfrage, den Inhalt habe ich leider nicht verstanden wegen dem gebührenden Abstand und dem gespielten Desinteresse, die er mit einem Kopfnicken beantwortete. Sie lief kurz zu dem Regal, in dem die Parfüms untergebracht waren und wählte mit sicherer Hand einen für den Anlass passenden Duft aus. Warum sich das Parfümregal genau über den Stihl-Motorsägen befindet, darüber kann ich nur philosophieren.
Es scheint Männer zu geben, die, wenn sie ihrer Frau ein Parfüm als Geschenk kaufen, auch gleich für sich eine Stihl Motorsäge mitnehmen. Wenn man ein wenig darüber nachdenkt, klingt das aus der Sicht eines Mannes ja auch irgendwie logisch. Und da man so eine Motorsäge auch brauchen kann, darf sie auch ruhig ein wenig teurer sein. Es könnte natürlich auch genau anders herum sein. Wenn er sich eine Stihl Motorsäge gönnt, dann bringt er seiner Frau ein Parfüm mit, damit sie nicht so arg schimpft. Das könnte auch eine plausible Erklärung sein. Dafür spräche auch, dass gleich neben den Motorsägen noch andere nützliche Elektrowerkzeuge liegen, was Mann halt so braucht. 
Zurück zu unserem Hauptgeschehen. 
Die an Erfahrung reiche Verkäuferin legte das Fläschchen in den Topf zu den Dessous und stellte dem Kunden noch eine Frage. Da die Frage wohl nicht für alle Ohren bestimmt war, beugte sie sich zum Kunden vor, sodass er sie verstehen konnte, obwohl sie sehr leise sprach. Der Kunde wirkte ein wenig verlegen, bejahte aber auch diese Frage mit einem, vielleicht zu heftigen Kopfnicken, denn der Verkäuferin huschte ein Lächeln übers Gesicht. Sie beugte sich und holte eine Blau-Weiße-Schachtel unter dem Tresen hervor und legte sie ebenfalls in den Kochtopf. Was in der Schachtel war konnte ich leider nicht sehen. Offensichtlich war jetzt das Geschenk perfekt, den die Verkäuferin verschloß den Kochtopf mit dem Deckel, befestigte noch eine rote Schleife an der ein Herzchen baumelte und überreichte das Geschenk dem Kunden, der sich halb glücklich, halb verlegen bedankte und zur Kasse aufmachte. Zu gerne wäre ich auch bei der Geschenkübergabe und beim Auspacken dabei gewesen. In gebührendem Abstand natürlich. 
Über die Aufschrift des imaginären Schildes „Alles für….“ muß ich noch mal nachdenken.
Der Pioniergeist endet hier eben nicht beim Wald roden, Haus bauen und Holz spalten.
Was es sonst noch auf der Carretera Austral zu sehen gibt ,könnt ihr auf den Bildern sehen.



Die 1200 Kilometer lange Carretera Austral (Südstrasse) wurde erst ab den siebziger Jahren durch die Wildnis von Südpatagonien getrieben. Seither ist sie ein Magnet für Abenteurer, die die Strasse zu Fuß und vor allem mit dem Rad bezwingen wollen. Für uns als Autofahrer hält sich das Abenteuer in Grenzen, wenn auch das Auto ganz nett beansprucht wird. Manche behaupten, dass es die schönste Strecke durch Chile ist. Ich glaube, es ist stark vom Wetter abhängig. Wenn man Glück hat wie wir, und die Strecke bei schönem Wetter befahren kann, dann ist es eine wirklich schöne Strecke und die Pisten in teilweise sehr schlechtem Zustand, stören einen nicht so. Die meisten erleben die Strecke aber nass, nebelig und stürmisch.

Gauchos sind in Patagonien immer noch ein alltägliches Bild

Wunderbare Übernachtungsplätze



Supermärkte die im Angebot das KDW übertreffen






Bootstour zu den Casillas de Marmol.



Mit dem Boot kann man direkt in die Höhlen fahren. Ein wunderbares Erlebnis.


Die Chilenen nutzen auch modernste Technik für die Kommunikation zum Himmel.

Staub ist der Nachteil, wenn man die Carretera Austral bei schönem Wetter befahren kann.

Die Flüsse und Seen sind so blau, dass man meinen könnte sie wurden gefärbt.

Die waren Helden der Carretera Austral. Zu tausenden bezwingen sie in der Hauptsaison (Jan., Feb.) die Carretera mit ihren Rädern. 





Teile der Strasse sind inzwischen asphaltiert.


Die Freude war groß, alls wir unseren Freund Christian wieder getroffen haben. Wenn er größere Mengen vorkocht, dann bereitet er sich gerade für sein nächstes Abenteuer mit seinem Land Rover vor.

Die Natur als Bildhauer













Unterwegs gibt es auch viel zu Fuß zu entdecken.








Das Baumaterial ist natürlich Holz


















Auf der Suche nach dem nächsten Übernachtungsplatz













Fischerboote werden noch aus Holz und von Hand gebaut




#Carretera Austra  #Chile  #Rumpelpiste  #Pioniergeist

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